Edward Majewski

Geboren 1927
lebt in Warschau

 

Die Biografie ist aufgeteilt in folgende Abschnitte:

Vorgeschichte:

Festnahme während des Warschauer Aufstands | Dachau

Mannheim:

Ankunft in Sandhofen | Der erste Tag in Sandhofen | Einrichtung des Lagers | Funktionshäftlinge | SS-Leute | Verpflegung | Hygiene, Waschen | Abendappell, Strafen | Arbeit bei Daimler-Benz | Ein "guter Meister" | Nachtschicht | Sonntagsarbeit | Luftangriff vom 15.12.44 | Selektion für Buchenwald

Nachgeschichte:

Transport ins KZ Buchenwald | Nach dem Krieg in Polen | Über den ersten Besuch in Sandhofen nach 45 Jahren

 

Quellen: Fünf Briefe von Edward Majewski und das Interview mit ihm am 02.09.1989
Interviewer: Peter Koppenhöfer, Dolmetscherin: Beata Pruchnicki.
Transkription: Peter Koppenhöfer.

Die Übersetzung ist zum Teil zusammenfassend und nicht wörtlich.

 

Vorgeschichte

Festnahme während des Warschauer Aufstands

Brief 4, vom 08.10.1990:

Die Umstände meiner Festnahme waren einfach, nämlich zuhause. Wo ich wohnte? In Zabki, ulica Wita Stwosza 5, dorthin kamen zwei SS-Männer mit schußbereiter Waffe und mir wurde befohlen, ihnen zu folgen. Meiner Mutter gelang es, mir ein Stückchen Brot und eine warme Jacke mit auf den Weg zu geben, das war alles.

 

Brief 5, vom 27.12.1992:

Meine Gefangennahme erfolgte in Zabki am 5.9.44. Zu unserem Haus kamen zwei Männer in deutschen Uniformen, ob aus einer Wehrmachts- oder Polizeiformation, vermag ich jetzt nicht mehr zu sagen, die schußbereiten Waffen im Anschlag und sie befahlen mir, mit ihnen zu gehen. Auf der Straße brachten sie mich zu einer kleinen Gruppe von Leuten und zusammen wurden wir mit viel Gebrüll und unter Bewachung zum Zentrum von Warschau-Praga in die Gegend des Zoologischen Gartens und der Bahngleise getrieben. Dort wurde in irgendeinem Quadrat unter Waffengewalt der deutschen Uniformierten eine ziemlich große Zahl von Leuten aus verschiedenen umliegenden Orten und aus dem Warschauer Stadtteil Praga gesammelt. Meine Eltern wurden nicht gefangengenommen, da sie zu alt waren.

Das Verhalten der Uniformierten gegenüber den Menschen war erträglich und in den Grenzen des Anstandes.

Soweit ich mich orientieren konnte, sind nicht alle Einwohner der Stadt Zabki deportiert worden, eher nur diejenigen aus dem Teil der Stadt, der am nächsten zum Stadtgebiet von Warschau-Praga lag. Ich kam mit der ganzen zum Zoologischen Garten getriebenen Menschengruppe erst ins Übergangslager Pruszków und von dort nach zwei Tagen und einer Selektion ins Konzentrationslager Dachau. Zabki und Praga sind in ziemlich starkem Ausmaß zerstört worden, aber nicht vergleichbar mit der Zerstörung des Warschauer Zentrums, der Innenstadt, der Altstadt, des Weichselviertels, der Zerstörung von Mokotów, Czerniaków und Wola, sie alle wurden völlig zerstört. Den Weg nach Pruszków legten wir im Zug zurück. Die Waggons wurden in unmittelbare Nähe des Zoologischen Gartens gebracht, wo wir hingebracht worden waren, einen Bahnhof gab es an dieser Stelle nicht. Dort verluden sie uns in Waggons, so viele wie in stehender Position hineingingen, verschlossen wurde von außen, und fuhren uns durch Warschau, das noch nicht zerstört war. Wir fuhren durch Stadtteile, aus welchen die Aufständischen zu dieser Zeit schon durch die deutsche Armee hinausgedrängt worden waren. Die Fahrt dauerte einige Stunden.


Dachau

Brief 3, vom 30.05.1989:

Ich kann mich nicht genau an das Datum der Selektion in Dachau erinnern. Ob bei der Selektion ein Vertreter von Daimler-Benz anwesend war? Ich glaube ja. Es waren zwei oder drei Personen in Zivil ohne SS-Beteiligung, die haben die Facharbeiter ausgewählt und die Nummern zusammengestellt. Sie haben nicht gesagt, dass sie von Daimler-Benz sind. Aber ich habe während der Arbeit in der Fabrik einen dieser Vertreter in der Halle gesehen, in der ich beschäftigt war.

 

Edward Majewski, Interview am 02.09.1989:

«Wie geschah die Selektion in Dachau?»

In Dachau gab es die Blocks 19 und 25, dort hat die Quarantäne für den Polentransport stattgefunden. Nach etwa 10 Tagen kamen zwei Zivilleute, Leute von der Schreibstube und auch ein Dolmetscher, die haben gesagt, sie suchen Häftlinge, die etwas mit der Metallbearbeitung zu tun haben.

Das hat so ausgesehen: Es gab keine SS- oder Gestapoleute bei der Selektion, wir sollten alle vor den Zivilleuten vorbeigehen und dabei sagen, ob wir etwas mit Metallverarbeitung zu tun hätten. Die Schreiber haben auch Leute gesucht, die etwas mit dem Bau zu tun hatten, die wurden in ein anderes Kommando gebracht. Da ich in Warschau etwas mit Schiffsmaschinenbau zu tun hatte, mit Binnenschiffahrt, habe ich mich auch dazu gemeldet. Ich wusste damals nicht, wer die beiden waren. Dass es Männer von Daimler-Benz gewesen sind, wurde mir klar, als ich später einen der beiden in einer Halle bei Daimler-Benz gesehen habe, als er Inspektion machte.

«Können Sie sich an das Aussehen erinnern?»

Genau kann ich mich nicht erinnern, der eine war kleiner, der andere ein bisschen größer, der eine hat ein wenig lockiges Haar gehabt und Sommersprossen, an mehr kann ich mich nicht erinnern.

«Man musste sich nicht ausziehen?»

Nein.

«Wo kam das Baukommando hin?»

Ich weiß, dass mein Freund in dieses Baukommando gegangen ist, der ist nicht zurückgekehrt. Der Zweck davon war, Bombardierungsschäden in irgendwelchen Städten zu beheben.

(Wahrscheinlich handelt es sich bei diesem Baukommando um das KZ Frankfurt-Adlerwerke.)

 

«Wie war der Transport nach Sandhofen?»

Wir wurden zuerst im Mittelgang von Dachau zu Kolonnen aufgestellt, bewacht zur Rampe gebracht, in Viehwaggons verladen. Es war ziemlich bequem, weil etwa 80 Personen in einem Waggon waren, man konnte sich hinsetzen. Die Fahrt dauerte ziemlich lange, zwei Tage. Wieviel Waggons es waren, weiß ich nicht. Wir waren zu diesem Zeitpunkt noch alle gesund, haben also die Strapazen nicht so empfunden.

 

Mannheim

Ankunft in Sandhofen

Edward Majewski, Interview am 02.09.1989:

«Wie war die Ankunft in Sandhofen?»

Es war am Tag, ich schätze, es war in den frühen Morgenstunden. Man hat uns ausgeladen, wieder in Kolonnen formiert und bewacht zum Lager gebracht. Wir sind zuerst durch die Stadt gegangen, dann durch eine Art Vorstadt, da waren schon freie Flächen zwischen den Häusern. Die Wachen haben zur Eile getrieben.

Ich kann mich genau erinnern: Unterwegs ist ein Häftling ohnmächtig geworden, ich weiß nicht, war er kränklich, war er ein bisschen älter, war es ein Herzanfall? Auf jeden Fall wurde den anderen Häftlingen befohlen, ihn zu tragen. Als wir in Sandhofen angekommen sind, hat man festgestellt, dass der Mann tot ist, also wahrscheinlich Herzversagen. Das war der erste Tote in Sandhofen. Es war kein Tod in Folge von Folter, sondern ein natürlicher Tod.

«Aber den ersten gemeldeten Toten in Sandhofen gab es erst im Oktober.»

Ich denke, dass die Leiche nach Dachau zurückgebracht wurde. Darüber haben wir uns damals auch Gedanken gemacht: Wie wird das später aussehen? Denn wir haben damit gerechnet, dass es weitere Todesfälle geben könnte und haben uns gefragt, ob die dann auch ins Krematorium zurückgefahren werden oder nicht.

 

Der erste Tag in Sandhofen

Brief 1, vom 08.12.1988:

Am ersten Tag, nachdem wir in Mannheim mittags aus dem Zug ausgeladen worden waren, wurden wir in Viererreihen aufgestellt und zu Fuß nach Sandhofen getrieben. Auf dem Schulhof lag das Material für die Pritschen, es waren eigentlich fertige Pritschen, und wir trugen nur die einzelnen Teile nach oben und montierten sie zusammen.

Ich schlief die ganze Zeit über auf den bloßen Brettern. An diesem Tage erhielten wir irgendeinen trockenen Proviant, ich weiß nicht mehr was. Natürlich fand an diesem Tag der erste Appell statt, man wählte einige Polen mit deutschen Sprachkenntnissen aus und vertraute ihnen Funktionen an, und wir wurden auf bestimmte Klassenzimmer aufgeteilt.


Einrichtung des Lagers

 Edward Majewski, Interview am 02.09.1989:

Der Zaun war nicht rings um die Schule herum, nur auf der einen Seite; sonst gab es andere Gebäude drum herum, hinten gab es Wirtschaftsgebäude, und da hinten war die Küche

«Hier ist der Grundriss der Schule.»

Hier stand mit seiner Rückseite ein Gebäude zur Schule hin, hier hat ein Nachbar Tabak getrocknet.

Da waren Scheuern zum Tabaktrocknen und eine Tabakwaage.

Das war ziemlich nahe, eigentlich keine Scheuern, sondern überdachte Gestelle, wo Tabak getrocknet wurde.

«Wo war die Küche?»

Sie war genau in der Ecke, da standen drei große Kessel. Man ging von der Seite rein. Die Küche war überdacht, an einer Seite von einer Art Bretterwand begrenzt, aber sonst nur überdacht. Sie entstand erst ein paar Tage nach der Ankunft, vorher war da nichts. Neben der Küche war ein Magazingebäude.

«Sie haben keinen Strohsack bekommen?»

Ich habe die ganze Zeit keinen Strohsack gehabt, habe die ganze Zeit auf nackten Brettern geschlafen. Die Strohsäcke waren vor allem für die SS-Leute, die Wachen und für die Häftlinge, die da im Dienst waren. Die wurden gleich am ersten Tag ausgewählt, nachdem man gefragt hat: Wer spricht Deutsch? Da haben die sich gemeldet und wurden Funktionshäftlinge.

«In Ihrer Stube waren auch andere ohne Strohsäcke?»

Ja, ich kann es nicht hundertprozentig sagen, aber es kommt mir so vor, als ob keiner in meiner Stube einen Strohsack besessen habe.

«Decken haben Sie gehabt?»

Es gab Decken, aber kurze Zeit schliefen wir zu zweit mit einer Decke und auf einer Pritsche. Die Pritschen waren zweistöckig, in Buchenwald drei und vierstöckig, in Dachau auch dreistöckig.

«Wie war das Aufstehen morgens?»

Es hat ungefähr so ausgesehen: Der Blockälteste oder der Kapo haben in der Frühe gerufen: "Aufstehen" auf Deutsch, dann musste man runter von den Pritschen, musste die Decken schön zusammenlegen, damit es keine Strafe gab. Dann sind wir raus in die Waschräume. Aber wie gesagt, unten stand der Hinkefuß, der die Leute dann geschlagen hat. Wenn man so einen Schlag erhalten hat, ist man nicht mehr zum Waschen gegangen. Später hat man auch keine Lust mehr gehabt, man war so erschöpft. Aber die Möglichkeit bestand, und oft wurde sie auch genutzt.

«Wurde Licht gemacht?»

Wahrscheinlich ja, ich kann mich nicht genau erinnern, es war verdunkelt und war dunkel draußen.

Ich meine, dass es nicht immer draußen dunkel war, wir sind nicht um drei, vier Uhr morgens aufgestanden, wie manche erzählen, sondern nach meinen Erinnerungen muss es so um fünf Uhr gewesen sein. Es war manchmal auch früher, je nachdem wie das Werk gearbeitet hat, ob es Druck gab. Manchmal haben wir auch länger gearbeitet und mussten früher aufstehen. Normalerweise sind wir gegen fünf aufgestanden, dann haben wir uns schnell zurecht gemacht, gegen sechs sind wir dann im Werk angekommen.

Es gab auch eine ziemlich knappe Beleuchtung auf dem Appellplatz, ein bisschen.

«Sie glauben, dass das Aufstehen von den anderen zeitlich zu früh angesetzt wird?»

Ja.

«Gab es morgens den Kaffee im Schulhof?»

Ja, vor dem Appell. Es gab morgens eigentlich gar keinen Appell, nur ein Zusammenstellen und Ausmarschieren. Zählen gab es, man hat sich zu Kolonnen aufgestellt. Anfangs sah das so aus, dass jeder laut durchzählen musste, wir standen in Viererreihen, und die ersten mussten immer laut durchzählen, auf Polnisch.

«Der Kaffee wurde an der Küche ausgegeben?»

Manchmal wurde die Feldküche herausgefahren, da stand dann einer mit der Kelle, und jeder hat in seine Schüssel im Vorbeilaufen bekommen. Die Schüssel diente für alles.

Aufzeichnung Brief 4, vom 08.10.1990:

Die Küche im Lager Sandhofen wurde nach fünf bis sechs Tagen unseres Aufenthalts errichtet, aber die Kochkessel wurden bereits am zweiten Tag aufgestellt und unter freiem Himmel installiert, in der linken Ecke des Platzes. Danach wurde eine Holzkonstruktion gebaut und über die Kessel gestellt, die Seitenwände wurden einige Tage später gemacht; woran ich mich genau erinnere, waren vier Kessel mit großem Rauminhalt. Ich lege eine Skizze mit der Lokalisierung der Küche und der Unterbringung der Kessel bei.


Funktionshäftlinge

Aufzeichnung Brief 1, vom 08.12.1988:

Nach so vielen Jahren kann es gewisse Ungenauigkeiten bei der Rekonstruktion des Geschehens in Mannheim-Sandhofen geben, aber während des Nachdenkens fallen einem gewisse Dinge ein, so zum Beispiel zu Sznajder, er war ein polnischer Häftling mit Deutschkenntnissen. Während des ersten Appells gab man ihm die Funktion eines Dolmetschers und Kapos und später die eines "Blockältesten"; eine Zeitlang trug er ein Band auf dem Ärmel mit der Aufschrift "Kapo". Wegen seiner Taten in Sandhofen haben die alten Häftlinge in Buchenwald mit ihm abgerechnet. Ich wollte nicht in seiner Haut stecken. Karlus Walter, ein deutscher Krimineller, wurde nach einigen Tagen unseres Aufenthaltes hier nach Sandhofen gebracht. Am Anfang trug er auf dem Ärmel ein Band mit der Aufschrift "Kapo", später, anscheinend für gute Quälerei uns gegenüber, wurde er zum "Lagerältesten" ernannt.

 

 Edward Majewski, Interview am 02.09.1989:

In der Küche waren nur Polen, ein Metzger aus Warschau, ein Kellner; ein "Roman" Naszeniak war Koch. Der Name des Metzgers war vielleicht Wysocki.

«Galten die Köche als korrupt?»

Nein, es gab keine Möglichkeit, etwas aus der Küche wegzunehmen. Es kann natürlich sein, dass sie das Ausschöpfen benutzt haben. Alles stand unter der Kontrolle der SS.

 

SS-Leute

Brief 1, vom 08.12.1988:

Was die SS-Offiziere betrifft, über den, durch den ich am meisten gelitten habe, schrieb ich schon im vorigen Brief: Es war ein hinkender SS-Mann in einer Luftwaffenuniform; an ihn kann ich mich gut erinnern, weil er mich mit einem Knüppel und seiner Uniformgürtelschnalle geschlagen hat. Er quälte uns grundlos. Er hatte die Gewohnheit, im Treppenhaus oder an der Türe zu stehen, morgens oder abends, er zog seinen Gürtel und schlug jeden, der in der Nähe war, mit der Schnalle, es machte ihm anscheinend Spaß. Die anderen Offiziere benahmen sich unterschiedlich, sie streichelten uns nicht, waren aber ohne Sadismus.

Die Fotos, die ich besitze, stammen nicht aus Sandhofen, da war es unmöglich (zu fotografieren). Die beste Bilddokumentation machten die SS-Männer selber. Nach dem Krieg prahlte bestimmt keiner von ihnen mit diesem Material.

(Herr Majewski bestätigte später auch mündlich, dass er gesehen hat, wie SS-Leute in Sandhofen fotografierten.)


Verpflegung

Brief 2, vom 08.05.1989:

In der Liste über die Häftlingsverpflegung [eine Zusammenstellung der Angaben über die Häfltingsverpflegung im KZ Sandhofen] gibt es kleine Differenzen.

Die erste zu nennende Sache ist die Suppe: "Sorgo", "Sago", "Tapioka" als Bezeichnung meint die gleiche Suppe, wahrscheinlich lautet die richtige Bezeichnung "Sago" - diese schleimigen Körner sind in Polen nicht bekannt.

Ähnlich ist es mit der Bezeichnung der Suppe aus Mehl oder Brot, das bezieht sich auf die gleiche Suppe, aber die Kameraden haben sie unterschiedlich benannt. Mehlsuppe gab es zum Mittagessen sehr selten. Am häufigsten gab es Suppe aus Kohlrüben oder aus Runkelrübenblättern.

Aus den Aussagen geht hervor, dass sich darin alle einig sind:

Zum Frühstück gab es nur Kaffee (eine schwarze Brühe, die heute niemand mehr genau beschreiben kann) mit Zucker: einen Löffel auf 1/2 Liter und nicht mehr.

Mittagessen: 3/4 Liter Suppe, meistens Kohlrüben, Runkelrüben oder Zuckerrübenblätter, Sago oder Brot- oder Mehlsuppe.

Abendessen: Ungefähr so viel Kaffee wie zum Frühstück (ohne Zucker), 1/4 oder 1/6 von einem Ein-Kilo-Brot, 10g Margarine oder ein fast voller Löffel Marmelade, seltener gab es 10g Schmalz - das war die tägliche Ernährung eines damaligen Häftlings. Zum Abendessen gab es niemals Suppe.

Außerdem wog niemand von uns Brot oder Margarine, Marmelade oder Schmalz. Es war nicht möglich, genau so wie niemand von uns den Inhalt eines Kaffee- oder Eßlöffels gemessen hat, das sind alles nur Schätzungen. Was die Margarine angeht, so war es ein Würfel, der in 25 Portionen geteilt wurde, deshalb hat man angenommen, dass eine Portion 10g wog, sie hatte die Größe eines kleinen Fingers.


Hygiene, Waschen

Edward Majewski, Interview am 02.09.1989:

«Zurück zum Lager: Wie waren die Waschmöglichkeiten?»

Es gab unten [im Schulkeller] Duschen und Wasserhähne, es gab auch bei den Duschen so eine Art Aufmauerung, damit das Wasser stehen bleibt, das war ziemlich groß, so groß wie dieser Tisch da.

Es gab aber aus Mangel an Zeit selten die Möglichkeit, sich dort zu waschen. Man war froh, dass man in der Frühe das bisschen "Kaffee" in den Magen bekam, bevor es an die Arbeit ging. Und da stand unten ein SS-Mann, der hinkte, der hat alle geschlagen - den Namen weiß ich nicht. Wenn man in der Frühe schon geschlagen wird, hat man keine Lust nach unten zu laufen, um sich zu waschen. [...]

Unter so einer großen Brause konnten bis zu acht Männer stehen. Die Möglichkeit gab es schon.

Waschen als solches, Kleiderwaschen für uns gab es nicht. Es gab zweimal ein großes Entlausen, das war irgendwo in der Stadt außerhalb der Schule, wo die Kleider mit Dampf behandelt wurden. Die Häftlinge wurden in dieser Zeit gebadet.

Abendappell, Strafen

Edward Majewski, Interview am 02.09.1989:

«Haben Sie eine Erinnerung an Strafen?«

Es ist sogar mir selbst einmal passiert: Mein Meister bei Daimler-Benz war ein guter Mensch, ein deutscher Zivilist. Wenn jemand auf die Toilette gegangen ist, musste der Meister ihn am laufenden Montageband ersetzen. Manchmal sind welche extra auf die Toilette gegangen, um zu rauchen. Wenn sie zu lange weggeblieben sind, hat der Meister dann die Zeit angegeben und so einer wurde nachher bestraft. Bei mir war es wahrscheinlich ein Versehen, ich habe das auch am nächsten Tag geklärt. Wahrscheinlich hat man meine Nummer mit einer anderen verwechselt, die ähnlich war. Auf jeden Fall bin ich abends nach der Heimkehr beim abendlichen Appell zur Strafe herausgerufen worden. [Macht es vor.] Ich will zeigen, wie das aussah: Entweder diese Hocke, halb Sitz, halb Stand, da musste man solange aushalten, bis man umgefallen ist, oder Froschhüpfen, auch so lange, bis man nicht mehr konnte, oder sich auf dem Boden hin und her wälzen; der Boden war nicht betoniert, also ist es oft schlammig und nass gewesen. Dabei gab es auch Schläge. Das Ganze wurde entweder von deutschen Kapos oder dem Lagerältesten überwacht, Schläge gab es natürlich dabei, und man bekam kein Abendessen.

«Das war während des Appells?»

Nach dem Appell. Alle haben ihr Brot und Kaffee bekommen und sind auf ihre Stuben gegangen, und dann gab es die Strafen.

«War das fast jeden Abend oder jeden Abend?»

Strafen gab es täglich, nur dass es verschiedene Personen betraf. Das schlimmste war, wenn der Appell so lange gedauert hat, manchmal ein bis zwei Stunden. Das hing natürlich vom Wetter ab, wenn es schön war, war alles in Ordnung, aber wenn es geregnet hat oder Schneeregen gab, hat man uns manchmal bis zu zwei Stunden draußen gehalten.

«Was war der Grund dafür?»

Manchmal stimmte die Zahl nicht, oder es hieß einfach: Strafe für alle, eine Strafe ohne Grund.

«Dann standen alle schweigend?»

Ja, man durfte nicht sprechen. Oft war der Grund für eine solche allgemeine Bestrafung, dass jemand sich ein Stück Papier, einen Zementpapiersack mitgenommen und unter die Kleidung geschoben hatte, damit es wärmer war. Das schlimmste war, wenn der "Lagerälteste", ein krimineller Häftling mit Brille, das gefunden hatte [bestätigt den Namen Karlus]. Der war der Meinung, man sollte so etwas nicht unter der Kleidung tragen, weil das den Hygienevorschriften widersprechen würde - was mir heute sehr lächerlich erscheint, denn alle waren schmutzig. Unter diesem Vorwand hat er einen aus der Reihe geschleppt, ihm ins Gesicht geschlagen, oder allgemein geschlagen, und dann mussten alle stramm stehen.

Arbeit bei Daimler-Benz

Edward Majewski, Interview am 02.09.1989:

«Zum Arbeitsbeginn bei Daimler-Benz: Nach Ihrem Brief war noch ein Tag frei...»

Am ersten Tag wurde alles im Lager organisiert, am zweiten Tag gingen wir zur Arbeit, wir gingen einige Zeit, bis wir im Werk ankamen. Dann wurden die Häftlinge verteilt auf die verschiedenen Hallen. Ich kam in Halle 3, Motorenbau. Da wurden die Motoren gebaut. Ich habe am Fließband gearbeitet, da wurden alle Teile des Motors gebaut.

Wir haben zehn bis zwölf Stunden am Tag gearbeitet. 100 bis 110 Autos am Tag sind zusammengebaut worden, mal waren es 105, mal 107, die Fahrzeuge waren so gut wie fertig. Das meiste war an den Wagen schon gemacht, als sie zur Montage kamen. Da oft Fliegeralarm war, entstanden Pausen. Alle wurden in den Luftschutzkeller gebracht, nachher mussten wir das wieder nacharbeiten, deshalb gab es Schwankungen in der Arbeitszeit.

Ein "guter Meister"

Edward Majewski, Interview am 02.09.1989:

Mein Meister war ein Deutscher, mittlerer Wuchs, schwarzhaarig, ein sehr sympathischer Mensch.

Ich habe beim Schleifen von Ventilen gearbeitet, da ich das ziemlich geschickt gemacht habe, hat mir der Meister 20 Ventile zum Schleifen gegeben, dann 25, dann 30, und ich habe alles gemacht. Dann wurde in Öl überprüft, und alles war in Ordnung. Der Meister hat mich sehr gemocht, zwar konnte der kein Polnisch und ich kein Deutsch. Aber er hat gesehen, dass ich ein junger Bursche war, der übermüdet, überarbeitet und hungrig ist. Einfach aus Mitleid hat er oft sein Frühstück, das er von zu Hause mitgebracht hatte, mit mir geteilt; natürlich nicht ganz offen, beiseite: "Hier, da hast du was!"

Alle, die da gearbeitet haben, haben Tücher gehabt, um sich die Hände vom Öl oder Schmutz zu säubern, in so ein Tuch hat er mir immer ein Stück Brot oder Brötchen oder einen Apfel gelegt, das Tuch drum gewickelt und mir gezeigt: Das ist für dich. Dabei hat er selber riskiert, dass die Wachen und SS-Leute ihn anzeigen, dass er dann selbst ins KZ kommt.

Nachtschicht

Edward Majewski, Interview am 02.09.1989:

Genauso war es, als ich Nachtschicht gearbeitet habe, da hat mir der Meister, derselbe Meister, nachdem ich die Arbeit getan hatte, einen kleinen Verschlag an der Maschine gezeigt, hat mir aufgemacht, dass ich mich da ein paar Minuten hinlegen konnte, die Beine ausstrecken, es mir für ein paar Minuten bequem machen konnte. Der hat auch sein Leben riskiert, wenn ich ihn finden könnte, um ihm zu danken, würde ich mich sehr freuen.

Irgendeinen Namen kenne ich nicht. Es war nicht viel, was ich von ihm bekommen habe, aber alleine diese Gefühlsregung, durch die er gezeigt hat, dass er ein Herz hat, das hat mir den Glauben an die Menschen zurückgegeben. Es hat mir Kräfte zurückgegeben und den Willen, das alles zu überleben, das war alles sehr wichtig für mich.

Brief 1, vom 08.12.1988:

Die Nachtschicht wurde kurz vor der Bombardierung Sandhofens eingeführt. Ich arbeitete in der Motorenhalle, wahrscheinlich die Nr. 3 oder Nr. 5, ich weiß es nicht mehr genau. Die Arbeit wurde an einem sog. Band verrichtet, so arbeiteten nachts alle Häftlinge, die dazu ausgesucht worden waren. Es ist möglich, dass tagsüber an diesen Maschinen Zivilarbeiter arbeiteten oder Deutsche, Franzosen, Jugoslawen usw. Eine Änderung der Essensausgabe gab es nicht. Vor dem Marsch erhielten wir die festgelegte Portion Brot, die zu Frühstück und Abendbrot reichen sollte. Ich aß alles sofort auf, wozu sollte ich etwas aufheben? Nach der Rückkehr von der Nachtschicht erhielten wir "Kaffee" und zum Mittagessen eine Suppe (mittags in Sandhofen).

Ob wir tagsüber in nicht verdunkelten Räumen schliefen? Ja, das stimmt, und zwar schliefen wir so fest (wegen der Müdigkeit, der Erschöpfung wegen der täglichen Arbeit, wegen des Marsches), dass uns weder das Licht noch der Lärm von außen störte. Dagegen störten uns der deutsche kriminelle Häftling, der Lagerälteste, und ein humpelnder SS-Mann, die uns oftmals mit Geschrei und Lärm zu ungewöhnlicher Zeit aufweckten.

 

Edward Majewski, Interview am 02.09.1989:

«Wie ging die Nachtschicht?»

Eigentlich gab es keinen Unterschied zwischen Tag- und Nachtschicht. Die Arbeit war dieselbe, das Band lief die ganze Zeit. Der einzige Unterschied war, dass wir keine Mahlzeiten zwischendurch bekamen. Das heißt, nachdem wir das Abendessen bekommen hatten, den Viertellaib Brot, ein bisschen Margarine oder Marmelade und den Kaffee, sind wie zur Arbeit gegangen. Es gab Pausen, wenn es Fliegeralarm gab.

«War das oft?»

Es gab Fliegeralarme, die waren ziemlich intensiv, manchmal zwei, drei Mal in 24 Stunden, auch Bombardierungen, oft waren das sog. Bombenteppiche, bis zu 5.000 Maschinen kamen da. Und die "Messerschmitt" sind nur vor denen geflohen, weil so viele kamen.

«Es gab also in der Nachtschicht gar keine Pausen?»

Keine.

«Das Mittagessen gab es dann in der Schule?»

Ja, da wurde man geweckt. [...]

«Wie wurde der Weg bewältigt?»

Zur Nachtschicht sind wir marschiert, aber zur Normalschicht sind wir ein paar Mal mit dem Zug gefahren, der Normalfall war marschieren. [...]

Sonntagsarbeit

Aufzeichnung Brief 1, vom 08.12.1988:

Ob es Sonntagsarbeit gab? Ja, es gab sie, ich kann mich jedoch erinnern, dass wir eines Sonntags statt zur Arbeit zu einem Bad gebracht wurden und unsere Kleidung wurde in hoher Temperatur zur Vernichtung des Ungeziefers desinfiziert. Wo das war, kann ich nicht beschreiben, und ob das ein- oder zweimal war, daran erinnere ich mich nicht mehr.

 

Luftangriff vom 15.12.44, Notquartier im Bunker

Edward Majewski, Interview am 02.09.1989:

«Den Bombenangriff auf die Schule haben Sie wegen der Nachtschicht nicht miterlebt?»

Ja. [...]

«Am Morgen des 16.12. kamen Sie in den Bunker?»

Ja, aber das ist nicht der Bunker, der jetzt bei Daimler-Benz steht. Als ich im März dagewesen bin, habe ich schon nach diesem Bunker gefragt. Sie sagten, ja, der ist da. Aber eigentlich war dieser Bunker außerhalb der Fabrik.

Was den Bunker betrifft, kann ich Ihnen mit völliger Gewissheit sagen, dass der gegenwärtig auf dem Fabrikgelände stehende Bunker nicht der ist, in dem wir festgehalten wurden in der Zeit vom 14. Dezember, dem Tage der Bombardierung der Schule, bis zum 24. Dezember 1944, dem Heiligen Abend, d. h. unsere Verschickung nach Buchenwald. Dieser Bunker, erinnere ich mich, hatte die Gestalt eines Pilzes, einer Tonne, und lag entfernt von der Fabrik. Ich bestätige die Feststellung von Jarocki betreffend des Urinlassens unter sich im Bunker, zu dem die Kranken gezwungen waren durch das Fehlen der Toilette oder eines für diesen Zweck bestimmten Gefäßes, wie gleichfalls durch die Furcht vor dem Aufstehen aus der sitzenden Position, weil es kein Zurückkommen gegeben hätte wegen des großen Gedränges der Häftlinge.

«Hier ist ein Foto vom Immelmann-Bunker auf dem Boehringer-Gelände.»

Es ist eher dieser als der andere, eher wahrscheinlich, sicher weiß ich es nicht.

Im Bunker gab es keine Schlafplätze, sondern eher Sitzmöglichkeiten. Als wir da hineingingen, hieß es: Die erste Reihe an die Wand sitzen, die nächste davor, die sich an die anlehnte. Irgendwo in der Ecke stand ein Faß, für die natürlichen Bedürfnisse, es hat sehr gestunken.

Aber das Schlimme dabei war, wenn man schon aufgestanden ist, um sich bei diesem Faß zu entledigen, konnte man nicht zurück, die haben gleich zugemacht, man musste dann auf einem Fuß die ganze Nacht stehen. Es war zu wenig Platz.

«War das auf dem obersten Stockwerk?»

Der Bunker war in Stockwerken gebaut, aber wo ich war, weiß ich nicht, auch nicht, ob der ganze Bunker belegt war. Ich weiß nur, dass mein Raum mit Leuten vollgestopft wurde, ich weiß nicht, wie es in anderen Räumen war.

«Die Räume waren nicht groß?»

Nicht groß.

«Wie war die Essensausgabe?»

Dort haben wir nur geschlafen, Essen gab es da nicht. Das Essen gab es bei Daimler-Benz, es wurde dorthin gefahren, ich weiß nicht woher.

«War es das gleiche Essen?»

Ja, nur wahrscheinlich aus anderen Quellen.

Selektion für Buchenwald

Aufzeichnung Brief 1, vom 08.12.1988:

Für Buchenwald gab es, glaube ich, keine Selektion, sondern das wurde einfach als Verwaltungssache erledigt. Am 24.12.1944, während des Appells nach der Arbeit vor dem Gebäude, las man 400 Nummern vor und befahl denjenigen herauszutreten. Die übrigen gingen zum Bunker, um dort zu übernachten, wir anderen gingen zum Zug. Ich glaube, nach Buchenwald wurden wir deswegen geschickt, weil es im Bunker keinen Platz mehr gab, diese Nächte im Sitzen auf dem Betonboden waren nicht auszuhalten. Oder man brauchte vielleicht Metallarbeiter für Dora.

 

Edward Majewski, Interview am 02.09.1989:

«Wie war die Selektion an Weihnachten?»

Nach der Arbeit gab es einen Appell, bei diesem Appell wurden 400 Nummern laut vorgelesen, die sollten stehen bleiben, die anderen gingen zurück in den Bunker. Nach einiger Zeit wurden wir dann zum Bahnhof gebracht und weggefahren.

«War der Appell auf dem Werksgelände?»

«Es war vor dem Bunker. Wo der Bahnhof war, daran kann ich mich nicht erinnern. Nur die Straßen, durch die wir zur Arbeit geführt wurden, kannte ich vom Sehen her. Aber sonst habe ich die Stadt erst gestern kennen gelernt.»

 

Nachgeschichte

Transport ins KZ Buchenwald

Edward Majewski, Interview am 02.09.1989:

«Wie war der Transport nach Buchenwald?»

Die Fahrt nach Buchenwald war viel anstrengender als die nach Sandhofen, sie dauerte auch gut 48 Stunden, wir sind erst am 27. Dezember in der Früh angekommen [auf Nachfrage bestätigt]. Je nach dem Gebiet, wo wir durchfuhren, war es manchmal sehr kalt, eisig. Wir hatten auch weniger Platz im Waggon als bei der Fahrt nach Sandhofen, es waren mehr Leute im Waggon. Wir haben die ganze Zeit nichts zu essen und zu trinken bekommen, außer ein einziges Mal, als auf vier Personen ein Brot ausgegeben wurde. Es waren längliche Brotlaibe, die in einer Form gebacken waren [sog. Kommissbrote]. Außer uns waren im Waggon zwei bis drei Posten. Wir Häftlinge haben sehr gefroren, weil wir nur so dünne Anzüge anhatten. Ich erinnere mich, dass wir in unserem Waggon einen Toten hatten, als wir in Buchenwald ankamen. Im Waggon gab es auch ein Faß, das unwahrscheinlich gestunken hat.

Als wir in Buchenwald angekommen sind, haben wir wieder Kolonnen gebildet, da ging ziemlich schnell die Nachricht durch, dass auch in anderen Waggons einige Leute gestorben seien.

Die Waggons wurden von außen zugemacht. Es gab unterwegs auch einen Fliegeralarm. In dem Moment haben die Wachen von außen aufgeschlossen und die SS-Männer nach draußen gelassen, die Häftlinge blieben drin. Die Waggons haben sie wieder zugemacht und sich dann entfernt, sich wahrscheinlich in Sicherheit gebracht, während die Bomben irgendwo in der Nähe fielen. Wahrscheinlich hat dieser Transport deshalb so lange gedauert, denn nach diesem Bombenangriff standen wir ziemlich lange in der Kälte da irgendwo. Vielleicht waren die Gleise zerstört.

Nach dem Krieg in Polen

Brief 1, vom 08.12.1988:

Ich habe Ehefrau, Tochter und Sohn. Die Kinder haben ihr Studium beendet, sie bekamen eine Ausbildung, was ich leider nicht bekommen konnte. Mein Sohn ist Elektroniker und meine Tochter Architektin. Ein Problem ist, dass mein Sohn immer krank ist. Er hat ein Gelenkleiden. Von der Tochter habe ich zwei Enkel, sie ist jetzt verwitwet, der Schwiegersohn starb im letzten Jahr, er war 39 Jahre alt. Das ist unser weiteres Problem. Das Leben ist nicht gnädig und nicht leicht; ich lebe so wie ein durchschnittlicher Mensch im Ruhestand. Ich glaube, das genügt.


Über den ersten Besuch in Sandhofen nach 45 Jahren

Brief 2, vom 08.05.1989:

Die Reise war sehr anstrengend, aber nach einer Woche bin ich wieder erholt gewesen. Mein größtes Erlebnis war, als ich an der Schule in Sandhofen stand, es kamen gleich die Erinnerungen an die schrecklichen, schweren Tage, etwas faßte mich an der Kehle und Tränen stiegen mir in die Augen.

Dort verlor ich sowohl meine Jugend und Gesundheit als auch meine Lebenschancen. Als Kind habe ich immer davon geträumt, Marineoffizier zu werden. Dieses Gefängnis und die daraus folgenden Krankheiten vernichteten all das unwiderruflich. An diesem Tage hatten die Kinder Schule, so dass wir draußen vor dem Gebäude standen, unter der Tafel, die an unsere Haft erinnert, Blumen hinlegten, Kerzen anzündeten und laut Gebete sprachen. Dann verließen wir mit schmerzendem Herzen und zugeschnürter Kehle diesen Ort und gingen zum Friedhof.