Ausländische Zwangsarbeiter

Ausländische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen gehörten auch in Mannheim während des Zweiten Weltkrieges zum Alltag. Sie wurden sowohl bei Firmen wie z. B. BBC (heute ABB), Lanz (heute John Deere) und Daimler-Benz (heute Daimler-Chrysler) eingesetzt, als auch bei Aufräumungsarbeiten nach Bombenangriffen oder beim Bau von Bunkern.

Es war aber auch nicht ungewöhnlich, dass die Zwangsarbeiter den Bauern helfen mussten, wie eine Zeitzeugin berichtet:

Zeitzeuge Frau M. am 16.03.1984:

Unsere Nachbarn hatten einen Bauernhof. Eines Tages sagte die Nachbarin zu mir: "Wenn ihr einmal etwas zu schaffen habt, wir haben einen Italiener, der macht das für euch!" Der kam dann und hat bei uns den Garten umgegraben. Ich habe ihm danach etwas zu essen gegeben.


Ausgesucht für Daimler-Benz in Mannheim

Als gegen Ende des Krieges die Zahl der einheimischen Arbeitskräfte immer weiter abnahm, griff Daimler-Benz wie viele andere große Rüstungsbetriebe im Deutschen Reich auf KZ-Häftlinge zurück.

Im Spätsommer 1944 hatte die Geschäftsleitung von Daimler-Benz vermutlich beim Wirtschaftsverwaltungshauptamt (WVHA) der SS in Berlin die Bereitstellung von KZ-Häftlingen für das Mannheimer Werk beantragt.

Das Mannheimer Werk beschäftigte spätestens seit dem 1. Oktober 1944 KZ-Häftlinge: 1.060 Männer und Jugendliche, die Mitarbeiter von Daimler-Benz Mannheim im KZ Dachau ausgesucht hatten, wurden nach Mannheim transportiert und in der damaligen Friedrichschule untergebracht.


Die Arbeitssituation im Daimler-Benz-Werk

Um sie leichter kontrollieren zu können, erhielten die Häftlinge zusätzliche Kennzeichnungen, nach denen man sie den verschiedenen Arbeitsbereichen zuteilen konnte. Außerdem war es üblich, dass die Häftlinge sich regelmäßig zum Zählappell aufstellen mussten.

Bis Weihnachten 1944 wurde in mindestens zwei Schichten gearbeitet: Die größere Tagesschichtgruppe arbeitete von 6 Uhr bis 18 Uhr, die Nachtschicht von 18 Uhr bis 6 Uhr morgens. Bei der Arbeitszeit gab es jedoch auch Schwankungen, so dass teilweise "nur" 10 Stunden gearbeitet wurde. Wahrscheinlich mussten die Häftlinge 6 Tage die Woche arbeiten; hierzu gibt es unterschiedliche Zeugenaussagen.

Besonderer Druck entstand für die Zwangsarbeiter durch das Arbeitstempo, das von ihnen gefordert wurde. Außerdem gab es im Werk unter den Meistern und Vorarbeitern überzeugte Nazis, die sich genauso brutal wie die SS-Männer verhielten.

Zeitzeuge J. Kubicki:

Während der Arbeit auf dem Gelände der Daimler-Benz-Fabrik wurden wir sehr schlecht behandelt, ganz besonders von einem deutschen Meister, der das Montageband beaufsichtigte, an dem ich arbeitete. Es war ein hochgewachsener, schlanker Mann, der an seiner Anzugtasche immer das Parteiabzeichen trug. Dieser schrie und schlug die Häftlinge immer dann, wenn sie nicht so schnell arbeiten konnten, wie das Band lief.


Einsatz in verschiedenen Bereichen

Die Zwangsarbeiter waren fast überall im Werk eingesetzt: am Fließband, an Maschinen, in der Gießerei, in der Lackiererei. Einige, die eine entsprechende Qualifikation hatten, arbeiteten als technische Zeichner im Büro. Besonderes Glück hatte, wer dem werksinternen "Gärtnerkommando" zugeteilt wurde: Hier konnte man die Hungerrationen verhältnismäßig gefahrlos aufbessern.


Der Weg zur Arbeit

Jeden Morgen mussten die KZ-Häftlinge ins 6 Kilometer entfernte Daimler-Benz-Werk nach Mannheim-Luzenberg laufen. Wenn es die Lage erlaubte und der Schienenweg durch Zerstörungen nicht versperrt war, wurden Waggons zum Transport eingesetzt, ansonsten mussten die Zwangsarbeiter den weiten Weg in ihren Holzschuhen marschieren.

Zeitzeuge J. Kubicki:

Der Schnee klebt am Holz, wir rutschen und fallen auf die Straße hin, das Marschtempo der Kolonne sinkt


Der Lohn

Die Abrechnung zwischen dem Konzentrationslager und der betreffenden Firma erfolgte über das Wirtschaftsverwaltungshauptamt in Berlin. Für einen Facharbeiter verlangte die SS 6-8 Reichsmark pro Arbeitstag, für einen Hilfsarbeiter 4 Reichsmark. Die tägliche Arbeitszeit betrug ungefähr 11 Stunden. Von ihrem Lohn sahen die Zwangsarbeiter allerdings keinen Pfennig, denn eine Entlohnung war nie vorgesehen.


Kontakt zu anderen Werksangehörigen

Vor dem ersten Arbeitstag am 28. September 1944 mussten alle Häftlinge auf dem Fabrikgelände antreten. Ein Werksvertreter hielt eine "Begrüßungsrede", in der er eindringlich darauf hinwies, dass es den Zwangsarbeitern verboten sei, untereinander oder mit anderen Werksmitarbeitern zu sprechen. Mit Vorarbeitern oder Meistern durfte nur geredet werden, wenn die Arbeit es erforderlich machte.

Folgende Dinge waren außerdem untersagt:

  • von jemand anderem etwas entgegenzunehmen, z. B. etwas zu essen,
  • den Arbeitsplatz ohne Erlaubnis zu verlassen,
  • zu rauchen,
  • langsam zu arbeiten. Dies galt als Sabotage und darauf stand die Todesstrafe.

Obwohl also der Umgang mit ausländischen Arbeitskräften von Anfang an streng geregelt war, hielten sich die deutschen Arbeiter nicht immer an die bürokratischen Vorschriften, wie nachfolgende Zeitzeugenaussage verdeutlicht:

Zeitzeuge K. Zbrzeski, am 05.09.1989:

Es gab Kameraden, die mit Deutschen zusammenarbeiteten, von denen sie etwas zu essen bekamen. Ich hatte solches Glück nicht.